Rother (Rother, 2010a) nennt folgende Ansätze für Prozess-Verbesserungen:
- Workshops: Verbesserungsworkshops sind spezielle Bemühungen, die vorübergehend ein Team von Personen zusammenbringen, um sich auf einen bestimmten Prozess zu konzentrieren. Die Dauer beträgt in der Regel ein bis fünf Tage. Verbesserungen im Projekt-Charakter finden nur gelegentlich statt und ziehen bspw. bei Toyota ein speziell gebildetes Team mit ein. Workshops sind nicht gleichbedeutend mit kontinuierlicher Verbesserung. Es besteht weiter die Gefahr, dass nach dem Workshop alles verpufft.
- Wertstromanalyse (Value-Stream Mapping): Die Wertstromanalyse betrachtet den Material- und Informationsfluss und die damit verbundene Durchlaufzeit über mehrere Prozesse hinweg. Sie ist als Methode gedacht, die dazu beiträgt, dass die Verbesserung auf Prozessebene erreicht wird. Eine Wertstromanalyse kann an so vielen Stellen so viele Verbesserungspotenziale aufdecken, dass man sich verzetteln kann und nur schwer ist zu wissen, was zu tun ist. Die Value Stream Maps konzentrieren sich mehr auf die Oberfläche und eignen sich deshalb besser, um das Gesamtbild im Auge zu behalten.
- Liste mit Aktionspunkten (Action-item lists): Diese Liste ist ein weit verbreiteter Ansatz für Prozessverbesserung. Sie besteht aus einer Auflistung von mehreren Verbesserungsideen, die aus den unterschiedlichsten Quellen stammen können, z.B. Erfassung von Prozessproblemen, Brainstorming, Problemlösungsaktivitäten, Waste Walks, Wertstromanalysen. Hier handelt es sich um einen Scattershot-Ansatz: Es handelt sich in Wirklichkeit um einen Scattershot-Ansatz: Es werden mehrere Aktionspunkte initiiert, in der Hoffnung, etwas zu treffen. Es besteht die Tendenz, von einem Problem direkt zu möglichen Lösungen zu springen (zu schnell!) Ein wahrscheinlicher Grund ist wahrscheinlich das irrtümliche Gefühl, dass je mehr Massnahmen wir haben, desto mehr Verbesserung wir erreichen.
- Toyota Kata (Rother, 2010b): Toyotas Weg ist durch eine Reihe von prozeduralen Sequenzen (Denk- und Verhaltensmuster) gekennzeichnet, die bei mehrmaliger Wiederholung, d.h. immer und immer wieder, zum gewünschten Ergebnis führen. Der Ursprung von Kata liegt in den grundlegenden Bewegungsformen der Kampfkünste, die über Generationen vom Meister an den Schüler weitergegeben werden. Ein Schlüsselkonzept der Kata ist, dass wir die Welt um uns herum nicht kontrollieren können. Wir können aber kontrollieren, wie wir damit umgehen. Es gibt zwei Kata: die Verbesserungs-Kata und die Coaching-Kata.
- Die Verbesserungs-Kata ist die wie oben beschrieben sich wiederholende Routine für Verbesserung, Anpassung und Weiterentwicklung und bietet ein Modell, wie Menschen zusammenarbeiten können, d.h. wie man ein Unternehmen führt.
- Die Coaching-Kata ist auch eine sich wiederholende Routine, und zwar für Führungskräfte, um die Verbesserungs-Kata jedem in der Organisation näher zu bringen. Die Coaching-Kata besteht aus fünf Fragen (Rother, 2010c):
1.) Was ist der Ziel-Zustand? (die Herausforderung)
2.) Was ist der Ist-Zustand?
3.) Welche Hindernisse/Probleme stehen uns aktuell beim Erreichen des Ziel-Zustands im Weg?
4.) Was sind die nächsten Schritte?
5.) Bis wann können erste Ergebnisse und Learnings aus Punkt 4 erreicht werden?
Mary & Tom Poppendieck benennen in Ihrem Buch „Lean Software Development“ (Poppendieck & Poppendieck, 2003) zur Wertstromanalyse noch ein weiteres Tool, und zwar „Seeing Waste“, also das Erkennen von Verschwendungen.
Im Zentrum von Taiichi Ohno’s Denken stand das grundlegende Lean-Prinzip, Verschwendung eliminieren. Aus seiner Sicht war alles Verschwendung, was keinen Wert für einen Kunden schafft. Ein Teil, der herumliegt und darauf wartet, benutzt zu werden, ist Verschwendung. Etwas zu machen, das nicht sofort gebraucht wird, ist Verschwendung. Bewegung ist Verschwendung. Transport ist Verschwendung. Warten ist Verschwendung. Alle zusätzlichen Verarbeitungsschritte sind Verschwendung. Und natürlich sind Mängel Verschwendung. Umgemünzt auf die Software-Entwicklung ergeben sich die folgenden sieben Verschwendungsarten:
7 Verschwendungsarten (Poppendieck & Poppendieck, 2003)
in der Produktion | in der Software-Entwicklung |
Bestände (engl. Inventory ) | Teilweise erledigte Arbeiten (engl. Partially Done Work) |
Falsche Technologie/Prozesse (Extra Processing) | Zusatz-Arbeiten (Extra Processes) |
Überproduktion (Overproduction) | Zusatzfunktionen (Extra Features) |
Transport (Transportation) | Aufgabenwechsel (Task Switching) |
Warten (Waiting) | Warten (Waiting) |
Bewegung (Motion) | Bewegung (Motion) |
Ausschuss/Nacharbeit (Defects) | Bugs/Nacharbeiten (Defects) |
Fazit
Kaizen hört nie auf, da die Möglichkeiten für Verbesserung unendlich sind. Ein Workshop kann zwar dem „Anreissen“ einer Verbesserung dienen, die Wirkung kann aber nach Auflösung des Projektteams oder Workshops schnell verpuffen. Wichtig ist, sich realistische und erreichbare Ziele zu setzen, um auch adäquate Massnahmen für die Verbesserung finden zu können. Am Ende des Workshops wird einen Massnahmenplan (Liste mit Aktionspunkten) geben; jedoch soll dieser nicht zig-Punkte aus einem Brainstorming enthalten, sondern die im Team abgestimmten Punkte, wie sie denken, die Verbesserung anzupacken.
Quellen
- Poppendieck, M., & Poppendieck, T. (2003). Eliminate Waste. In Lean Software Development: An Agile Toolkit (1st ed., p. 1ff). Addison-Wesley.
- Rother, M. (2010a). How Are We Approaching Process Improvement? In Toyota Kata – Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results (p. 25ff.). McGraw-Hill.
- Rother, M. (2010b). Kata. In Toyota Kata – Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results (p. 15ff). McGraw-Hill.
- Rother, M. (2010c). Training Through Frequent Coaching Cycles and the Five Questions. In Toyota Kata – Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results (p. 247). McGraw-Hill.
- Bild: pixabay.com / geralt
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